Kontrast

Kontrast – Information – Ästhetik

Kontraste aller Art und Stufen ermöglichen oder verbessern die Wahrnehmung von Objekten einer Fotoszene. Das führt zu einer Zunahme der sichtbaren Objekte und Motivdetails. Eine Erhöhung der Komplexität. Nach der Formel von Birkhoff muss die Erhöhung der Komplexität durch eine Verstärkung der Ordnung ausgeglichen werden. Die Komposition ist schwieriger als bei Fotoszenen geringer Komplexität. Wir kennen das. Je einfacher das Motiv, desto leichter ist es ästhetisch darstellbar. Verschiedene Gestaltungsmittel werden daher im folgenden darauf untersucht, inwieweit man Kontraste reduzieren, verstärken und beeinflussen kann. Diese Betrachtungsweise ist zugegeben etwas formal, stellt aber immerhin einen einheitlichen Bezug zur ästhetischen Wirkung her. Die psychologische und kommunikative Dimension der ästhetischen Mittel – wie etwa der Farben – kann davon getrennt behandelt werden.

Man kann Objekte hervorheben oder verschwinden lassen. Unerwünschte Details abschwächen. Wichtige Details betonen. Und nicht selten kann man dabei zu mehreren Mitteln greifen, wenn eines nicht ausreicht. Für die wichtigsten Mittel habe ich eine Art Checkliste erstellt:

Hell-Dunkel

Helligkeitsunterschiede sind durch Richtung und Art des Lichts oder der Lichtquellen bestimmt. Aber auch die Beschaffenheit der Objektoberflächen und die unterschiedliche Lage der Objekte einer Fotoszene zur Lichtquelle spielen eine Rolle. Je nach Beleuchtung treten Objekte in den Vordergrund und erscheinen hervorgehoben. Andere verschwinden im Schatten oder in den hellen Bereichen. Nachtaufnahmen wirken nicht zuletzt deswegen ästhetisch, weil unwichtige Details im Dunkeln verschwinden. Nach Birkhoff sinkt die Komplexität. Dasselbe gilt für Nebel oder starken Regen.

Farben

Farben sind in erster Linie Objekteigenschaften unserer Fotoszene. Aber Hell-Dunkel und die Art der Lichtquellen haben ebenfalls Einfluss. Kontrastierende Farben führen zu Hervorhebung und Objektbetonung. Gleiche oder harmonische Farben reduzieren den Objektkontrast. Unterschiedliche Farben führen aber auch zu einer Differenzierung unserer Foto-Szene. Besonders wenn keine großen Helligkeitsunterschiede bestehen.

Formen

Formen sind Eigenschaften der Objekte unserer Fotoszene. Wir können sie aber nur sehen, weil sie sich über Hell-Dunkel oder Farben von benachbarten Objekten unterscheiden. Formen können zu anderen Formen kontrastieren und sich dadurch hervorheben. Oder in einer Ansammlung gleichartiger Formen ihre individuelle Bedeutung verlieren.

Textur 

Textur entsteht durch eine Vielzahl kleiner gleichartiger, oft regelmäßig angeordneter Objekte oder durch die Oberflächenbeschaffenheit größerer Objekte. Objekte mit einer zur Umgebung unterschiedlichen Oberflächenstruktur werden hervorgehoben. Strukturen dienen aber auch generell zur Differenzierung der Motivszene. Bei gleichen Helligkeiten und Farben bleibt ggf. noch die Strukturdifferenzierung.

Scharf-Unscharf

Schärfe zieht sich als Tiefenschärfe über die ganze Fotoszene oder erfasst nur einen begrenzten Bereich, während die anderen Bereiche mehr oder weniger unscharf erscheinen. Scharf dargestellte Objekte werden hervorgehoben. Objekte im Unschärfebereich werden unwichtig oder lösen sich ganz auf. Man braucht dazu lichtstarke Objektive. Der unscharfe Bereich verliert an Komplexität und Information. Deswegen wirken solche Fotos oft hochästhetisch.

Bewegungsunschärfe

Durch Bewegung verursachte Unschärfe ist ein Spezialfall von Scharf-Unscharf. Bewegte Objekte werden durch lange Belichtungszeiten unscharf. Oder die Kamera wird bei langer Belichtungszeit bewegt. Der berühmte Mitzieher bei Rennautos. Dann wird der Hintergrund unscharf und das Auto bleibt scharf. Bewegung ist der Hauptfaktor für unsere Aufmerksamkeitslenkung. Es entstehen Bewegungsspuren. Diese Spuren sind in der Realität so nicht wahrzunehmen und haben ihre ganz eigenen Reize.

Kontraste Beispiele

Beispiel unten: Modellierung durch Textur. Dehnungsspalt einer Autobahnbrücke senkrecht von unten fotografiert. Der symmetrische Aufbau ist zwar dem Objekt angemessen, aber auch etwas langweilig. Die Struktur macht das Motiv wieder interessanter.

Betonstruktur

Beispiel unten: Modellierung durch Bewegungsunschärfe oder Verwischung. Lichtspur Autobewegung. Lichtspuren durch zusätzliche Kamerabewegung.


Licht- und Bewegungsspuren

Beispiel unten: Nacht und Nebel.
Durch Dunkelheit und durch Nebel werden Details verschluckt. In dunklen oder nebligen Bereichen ist die Differenzierung gering. Die Komplexität des Fotos sinkt. Und der ästhetische Wert nach Birkhoff steigt. Die bildwichtigen Teile werden jedoch hervorgehoben.


Nacht und Nebel

Beispiel unten: Gegenlicht
Diese gewöhnliche urbane Szenerie wird durch Gegenlicht geradezu malerisch modelliert.

Malerei durch weiches Licht

 

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